Argentinien – Unterwegs durch den Nordwesten

Tobias Odziomek
Von Tobias Odziomek
Geschrieben am: 30. Juni 2019
Reisebericht Argentinien, Chile

Als Selbstfahrer geht es für mich durch den Nordwesten Argentiniens, eine sonnenverwöhnte Gegend im Schutz der Hochanden. Meine Reise beginnt und endet jeweils in Chile, weil ich hier sicherer sein kann was die Fahrzeugqualität angeht und weil ich über die Andenpässe mit ihren spektakulären Landschaften fahren möchte.

Santiago de Chile - Calama

Calama, Chile, ist das Drehkreuz für Reisen in die Atacama Wüste. Das kleine Städtchen mit ca. 5.000 Einwohnern wird von Santiago de Chile mehrmals täglich aus angeflogen, seit geraumer Zeit gibt es auch Direktflüge von Lima in Peru in das beschauliche Städtchen. Direkt am Flughafen befinden sich alle großen Mietwagenfirmen und die Fahrt ins 100 km entfernte San Pedro de Atacama kann losgehen.

San Pedro de Atacama

San Pedro de Atacama ist das touristische Zentrum der Atacama Wüsten Region. Das kleine Örtchen hat sich seinen historischen Stadtkern behalten. Durch die Straßen verlaufen ungeteerte Wege und die meisten Häuser bestehen aus traditionellen Werkstoffen. Mittlerweile finden sich hier eine Vielzahl von Hotels, von der einfachen Herberge bis hin zu hochwertigen All Inklusive Hotel mit Vollverpflegung und geführten Ausflügen in Kleingruppen. Ein Bespiel sind die Tierra Hotels, welche auch in Südpatagonien und auf der Insel Chiloé ein weiteres Hotel besitzen. Hierzu mehr in meinem in Kürze kommenden Reiseblogs „Tierra Hotels Chile“.

Von San Pedro bieten sich zahlreiche spektakuläre Ausflüge in die Umgebung an:

  • Valle de la Luna – das Mondtal
  • El Tatio Geysir Feld auf mehr als 4.000 m
  • Rainbow Valley
  • Hochlandlagunen Miscanti & Meñiques
  • Salar de Atacama

Über die Anden nach Argentinien

Von San Pedro geht meine Reise Richtung Argentinien. Das Etappenziel ist heute das Städtchen Purmamarca, welches durch die regenbogenfarbigen Felsen bekannt ist. Zunächst einmal jedoch führt der Weg immer nach oben Richtung Bolivien, über einen Höhenpass (4.800 m) erreiche ich den Paso de Jama Grenzübergang zu Argentinien. Das Andenhochland bietet hinter jeder Ecke bizarre Landschaftsformen.

Nach ca. 80 km Fahrt tauchen am Horizont zugefrorene Seen auf, welche einen Kontrast zu den Bergen im Hintergrund und den gelbfarbigen Gräsern bieten. Auf dieser Höhe zieht ein einsames Rebhuhn seine Runden.

Das nächste Highlight ist der Tara Salzsee, welcher eine spektakuläre Kulisse bietet. Der See liegt auf ca. 4.300 m über Meereshöhe in der Caldera de la Pacana. Mich begeistert die Fahrt durch das chilenische Andenhochland Richtung argentinischer Grenze. Die Fahrt bis zum Tara Salzsee ist ebenfalls von San Pedro als Tagesausflug geführt, oder mit dem Mietwagen einfach zu machen und sehr empfehlenswert, da landschaftlich absolut spektakulär. Neben einer Vielzahl an Lamas (Vicuñas) sehe ich auch einen sehr zutraulichen Fuchs am Rand der Straße.

Weiter geht es Richtung Argentinien. Die Passkontrolle dauert ca. eine halbe Stunde und besteht aus Kontrolle der Fahrzeugpapiere, der Pässe sowie einer Fahrzeugkontrolle durch die Argentinier. Beim Grenzübertritt zwischen beiden Ländern sollte man darauf achten keinerlei Obst mitzuführen, worauf besonders die Chilenen achten.

Salzseen Salinas Grandes

Nach weiteren ca. 190 km folgen die Salinas Grandes, ein gigantischer Salzsee. Über eine Erhöhung führt die Straße über den Salzsee. Zu beiden Seiten der Straße gibt es Parkmöglichkeiten. Besser ist jedoch bis ans Ende des Damms zu fahren, wo es einen großen Parkplatz und auch die Möglichkeit den Salzsee zu betreten gibt. Besonders beliebt sind Fotos, auf denen die Perspektiven verzerrt sind.

Farbintensiv: Purmamarca & Quebrada de Humahuaca

Nach Purmamarca hinab geht es über eine beeindruckende Serpentinenstraße. Die Cuesta de Lipán überwindet ca. 2.000 Höhenmeter. Auch große LKWs passieren diese Straße und entsprechende Vorsicht ist auf dieser kurvenreichen Strecke geboten.

Purmamarca ist ein kleines Städtchen, welches mittlerweile größtenteils vom Tourismus lebt. Es gibt einige Hotels und Backpacker Hostels. Der Ort wird von den bunten Gesteinsformationen im Hintergrund dominiert. Ich erkunde den Ort am Vormittag und gehe eine kleine Rundtour um den Cerro de Siete Colores (den Berg der Sieben Farben). In der grellen Vormittagssonne sehen die Farben ein bisschen blass aus. Es gibt einen Aussichtshügel, von dem man gute Bilder machen kann. Geschäftstüchtige ältere Damen verlangen hierfür mittlerweile Eintritt.

Weiter geht es in die Quebrada de Humahuaca, eine 150 km lange Schlucht, welche kurz vor der Grenze zu Bolivien endet.  Hier leben viele indigene Völker und die Dörfer und Städte sind aus Lehm erbaut. Der Ausflug zum Fort in Tilcara ist ein lohnenswerter Ausflug. Dier Eintritt ist mit 8,- Euro pro Person sicherlich überteuert, kommt aber dem Erhalt der Anlage zu Gute. Der Ausblick ist herrlich. Kakteen und farbige Felsformationen dominieren die Landschaft.

Salta & die Finca Valentina

Es bleibt beim kurzen Abstecher in die Schlucht. Fortan führt der Weg ins Tiefland Richtung Salta. Es ist spürbar wie sich die Vegetation ändert. Die karge Landschaft verschwindet zusehends und die Szenerie wird grüner. Salta ist eine Stadt mit 500.000 Einwohnern und verfügt über ein historisches, koloniales und absolut sehenswertes Stadtzentrum. Der Plaza 9 de Julio ist der Mittelpunkt. Im Archäologischen Museum von Salta sind Kindermumien aufbewahrt, welche von den Inka als Opfer auf den mehr als 6.000 m hohen Vulkan Llullaillaco gebracht wurden und dort vermutlich erfroren. 1999 wurden die nahezu unversehrten Körper der Kinder gefunden und im Museum abwechselnd ausgestellt.

Die Finca Valentina liegt in den Außenbezirken der Stadt. Sie bietet sich für Reisende an, die abseits von Salta einige Tage Erholung suchen und von dort aus die Stadt erkunden möchten.

Nationalpark Los Cardones & Cachi

Der Weg führt aus Salta heraus wieder in höhergelegene Regionen Richtung Cachi über den Nationalpark Los Cardones. Über die Serpentinen der Cuesta del Obispo geht es bis hoch auf den Pass Piedra del Molino 3.348 m. An einigen Stellen kreisen Kondore über mir. Auf der weiteren Fahrt treffen wir auch immer wieder auf kleine Schwärme von grünen Papageien.

Cachi ist ein kleines Dörfchen mit malerischem Dorfplatz. Einige Cafés laden zum Verweilen ein. Bisher waren die meisten Straßen asphaltiert und zumeist in einem sehr guten Zustand, was sich ab sofort ändert. Die Straße wird zu einer teils recht engen Piste, ab und zu sogar einspurig und bei Gegenverkehr heißt es rückwärts fahren. Die Tagesetappen sollten dementsprechend großzügig geplant werden.

Gemütliche Hacienda de Molinos

Das letzte Teilstück geht dann bergauf über eine Sandpiste Richtung Molinos. Die Region ist sehr karg und einsam, immer sind Berge zu sehen. Molinos selber wiederum ist ein kleiner Ort mit einer netten Übernachtungsmöglichkeit. Die Hacienda de Molinos bietet einige einfach eingerichtete Zimmer mit sehr guten Betten. Ein schöner Innenhof und Kaminfeuer laden sommers wie winters zum Verweilen ein und die Küche zaubert ein leckeres argentinisches Steak sowie ein zweckmäßiges Frühstück.

Bizarre Quebrada de las Flechas

Die Fahrtstrecke zwischen Molinos und Cafayate ist besonders für die spektakuläre Fahrt durch die Quebrada de las Flechas bekannt. Die Schlucht der Pfeile bietet immer wieder spannende Aussichten auf die Felsformationen. Die Straße wurde direkt durch die Schlucht gebaut und bietet daher einen sehr exklusiven und hautnahen Zugang. Heller Sandstein formte diese Mondlandschaft. Die Felsen ragen wie Pfeile aus dem Boden, ein Paradies für Hobby-Geologen. Die vereinzelten Dörfer bestehen aus einigen Lehmhütten, alle verfügen jedoch fast immer über einen staubigen Fußballplatz.

El Peñón in der Puna

Die Puna ist eine sehr spartanisch besiedeltes Hochandengebiet, welches mit eigenem Pkw kaum befahrbar ist, da die Straßenanzahl überschaubar und die Weite endlos sind. Eine Möglichkeit einen Hauch dieser faszinierenden Hochlandebene zu erkunden bedeutet einen Umweg zu fahren. An der Kreuzung El Eje (nördlich vom Örtchen Londres) verlasse ich die Ruta 40 und die Fahrt geht weiter über eine zwischenzeitlich sandige, landschaftlich sehr abwechslungsreiche Piste Richtung El Peñón. Es geht stetig bergauf in eine karge, aber absolut faszinierende Welt. Ich übernachte in der Hostería de Altura El Peñón, welche spartanisch eingerichtet ist. Ab 23 Uhr bis Sonnenaufgang gibt es keinen Strom in den Zimmern und nur für wenige Stunden warmes Wasser.

Das beeindruckende Bimssteinfeld

Für den nächsten Tag haben wir einen Tagesausflug zum nur 25 km entfernt gelegenen Campo de Piedra Pómez gebucht. Das Bimssteinfeld ist Überbleibsel eines Vulkanausbruchs und bietet eine absolut spektakuläre Landschaft. Man kann zwar auch selber fahren, aber die Wegbeschreibungen sind äußerst spärlich und Pisten teilweise nicht vorhanden. Die Puna Catamarqueña ist ein Eldorado für Vulkanenthusiasten und bietet die höchste Vulkandichte mit über 250 Vulkanen. Der heutige Tag gehört sicher zu den absoluten Höhepunkten dieser Reise. Der vollkommen schwarze Vulkan Carachi Pampa hebt sich deutlich von der Hochebene ab. Es geht durch bizarre Lavafelder, an der Laguna Carachi Pampa vorbei. Wir sehen einige Flamingos, in den Sommermonaten sind diese jedoch zahlreicher vorhanden, es können mehrere tausend Tiere werden. Ich habe mir einen tollen Tag mit blauem Himmel und fast 20 Grad ausgesucht. Im Winter können die Temperaturen jedoch auch ziemlich in den Keller gehen und starke Winde vorherrschen.

Höhepunkt ist das Bimssteinfeld und die gigantischen, weißen Sanddünen. Diese Region ist wirklich surreal und eine absolute Empfehlung. Es ist jedoch schwierig bis nahezu unmöglich einen englischsprechenden Guide in El Peñón zu buchen. Im Juni ist absolute Nebensaison (Frühwinter) in der Region und ich bin den ganzen Tag in dieser grandiosen Region alleine unterwegs, ohne eine Menschenseele zu treffen.

Talampaya Nationalpark

Nach dem Abstecher in die Puna geht die Fahrt weiter durch eine eher monotone Landschaft, teilweise immer nur geradeaus. Die rötlich gefärbte Cuesta de Miranda schlängelt sich schließlich hinauf bis nach Villa Unión, dem Ausgangspunkt für Ausflüge in den Talampaya Nationalpark.

Leider darf man in den Nationalpark nicht mit dem eigenen Pkw fahren. Die Teilnahme an einem geführten Ausflug ist die einzige Möglichkeit diesen Nationalpark zu entdecken. Tickets sind am Eingang des Nationalparks erhältlich. Es gibt Fahrten in einem offenen großen Bus (wahlweise mit Allrad) oder auch in kleiner Gruppe mit Wanderungen. Ich entscheide mich für die kleine Gruppe mit den Wanderungen und fahre mit einigen anderen Gästen in den Nationalpark. Der Talampaya NP ist bekannt für seine enormen Felswände, welche nach einer ca. 20-minütigen Fahrt erreicht werden. Kondore drehen in großer Zahl ihre Kreise und fliegen durch die Schlucht. Die Tiere brüten in den hohen Felswänden.

Ebenso läuft an uns ein recht unerschrockener Mara (Pampashase) mit seiner Familie vorbei. Während der Hochsaison von Oktober bis März ist es absolut empfehlenswert einen solchen Ausflug im Vornherein im Internet zu buchen, da die Anzahl der Plätze begrenzt ist und somit eine lange Wartezeit vermieden werden kann. Am Eingang des Nationalparks befindet sich auch ein kleiner Campingplatz mit wenigen Stellplätzen.

UNESCO Welterbe Ischigualasto

Der zweite Park in der Umgebung ist das Naturreservat Ischigualasto. Es gehört zum UNESCO Weltnaturerbe. Das Naturreservat wird aufgrund seiner extremen Trockenheit und bizarren Landschaft auch als Mondtal bezeichnet. Das Gebiet ist für seine Dinoasaurierfunde bekannt. Der Nationalpark ist nicht auf eigenen Faust zu erkunden. Man muss sich einer geführten Tour anschließen, die ein Guide der Nationalparkverwaltung führt. Los Baldecitos ist der Ausgangspunkt für die Erkundung des Parks. Die Fahrten durch den Park erfolgen für Individualreisende in einer Pkw-Kolonne. Die ca. 3-stündige Tour hält ca. 5-6 Mal an markanten Stellen des Parks, z.B. Felsformationen, die Boccia-Kugeln, einem U-Boot oder einem Pilz gleichen.

Höhepunkt ist der Besuch eines kleinen Museums mit Ausgrabungsfunden der Vergangenheit. Am Eingang des Park befindet sich ebenfalls ein gut bestücktes Museum, welches die Dinosaurierfunde des Parks und die Geschichte der Region beleuchtet.

Wohlfühlort Posada Paso de los Patos

Die Route führt weiter zur Posada Paso de los Patos. Ich bin innerhalb von knapp 14 Tagen ca. 2.800 km gefahren und gönne mir nun zwei Nächte in der Posada. Sie liegt am Rande des Örtchens Barreal in einem großzügigen Gelände am Fuße der Anden. Das Hauptgebäude ist zugleich Aufenthalts- und Speiseraum. Der Blick auf die Andenkette ist einfach spektakulär.

Sternwarte im Nationalpark El Leoncito

In unmittelbarer Nähe gibt es eine lohnenswerte Ausflugsmöglichkeit: den Nationalpark El Leoncito. Hier kann man Wanderungen unternehmen und mit ein bisschen Glück sogar Pumas sehen. Das Highlight sind jedoch die Sternwarten – in dieser Region ist das gute Wetter zu Hause und daher haben zahlreiche Länder ihre Observatorien hier erbaut und wagen einen Blick in unser Sonnensystem. Tagsüber werden kostenfreie Führungen angeboten. Auch nachts kann bei Voranmeldung ein Blick in den Sternenhimmel geworfen werden.

Am Aconcagua vorbei

Die Fahrt geht von hier aus Richtung Santiago de Chile. Endlose Lkw-Schlangen quälen sich den Paso Los Libertadores hoch. Die Straße steigt die gesamte Fahrtzeit pausenlos an, jedoch auf fast gerader Strecke ohne großartige Serpentinen. Am Höhepunkt befindet sich eine Aussichtsmöglichkeit auf den höchsten Berg Südamerikas, den Aconcagua (6.962 m). Im Sommer bietet sich eine kurze Wanderung zu den Wasserfällen bzw. dem See an (hierfür benötigt man Bargeld in Argentinischen Pesos).

Im Winter bietet sich einfach nur eine spektakuläre Kulisse und auch die Möglichkeit auf der chilenischen Seite gleich nach dem Grenzübergang ein bisschen Ski zu fahren. Auf der chilenischen Seite dagegen schlängeln sich Serpentinen runter ins Tal. Unzählige Lkw kriechen die Straßen hinunter und machen die Fahrt Richtung Santiago zu einer etwas nervenaufreibenden und auch zeitintensiven Angelegenheit.

Fazit

Eine Reise im Mai und Juni bedeutet in der Nebensaison zu reisen. In der Atacama Wüste herrschen dann angenehme Temperaturen und auch auf der argentinischen Seite war die Sonne mein ständiger Begleiter. Tagestemperaturen von ca. 20 – 25 Grad Celsius und Temperaturen um den Gefrierpunkt kennzeichnen dieses Wüstenklima, was die Reise aus klimatischer Sicht sehr angenehm machte. Die Andenhochlandregionen der Puna bieten absolut fantastische Landschaften und Gesteinsformationen – ein Besuch darf aus meiner Sicht nicht fehlen. Aufgrund der hohen Inflationen waren die Ausgaben für Essen und Trinken absolut überschaubar. Einen gute Flasche Wein ist im Restaurant ab Euro 3,- erhältlich, ein saftiges argentinisches Steak ab Euro 7,- (Stand: Mai 2019). Der Nordwesten Argentiniens bietet viel Abwechslung und spektakuläre Landschaften und ist meines Erachtens eine absolut gleichwertige Alternative zu Reisen in andere Regionen Argentiniens. Direktflüge von Salta nach Puerto Iguazú bieten ebenfalls eine sehr verführerische Kombinationsmöglichkeit mit den Wasserfällen von Iguazú.

Tobias Odziomek
Über den Autor
Tobias Odziomek

Eine Wanderung durch den Abel Tasman National Park bei strahlendem Sonnenschein und menschenleeren Stränden – das war eines meiner Highlights in Neuseeland… Auch der südamerikanische Kontinent, welchen ich in den letzten 10 Jahren fast gänzlich bereist habe, fasziniert mich mit seinen Regenwäldern und der einzigartigen Tierwelt. Wo’s als nächstes hingeht, ist noch nicht sicher, nachdem ich zuletzt im tropisch-schönen Costa Rica unterwegs war...